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ABSCHIED

 BRECHTS LETZTER SOMMER




[17.05.2000
http://www.pegasosfilm.de/49ph.htm]
               zeigt

 

ABSCHIED
BRECHTS LETZTER SOMMER
 

Ein Film von
Jan Schütte
 
 

Deutschland
2000
 
 

Pressebetreuung: Susanne Margraf 069/405891-22
 
 

www.pegasosfilm.de












Darsteller:

Bertolt Brecht                    Josef Bierbichler 

Helene Weigel                   Monika Bleibtreu 

Elisabeth Hauptmann         Elfriede Irrall 

Ruth Berlau                       Margit Rogall 

Käthe Reichel                    Jeannette Hain 

Wolfgang Harich                Samuel Fintzi 

Isot Kilian                          Rena Zednikowa 

Barbara Brecht                  Birgitt Minichmayr 

Mann mit Hut                    Tilman Günther 

Weckwerth                        Paul Herwig 

Palitzsch                            Claudius Freyer 
 
 

Stab:

Regie:                              Jan Schütte 

Drehbuch:                        Klaus Pohl 

Produzenten:                    Gesche Carstens, Henryk Romanowski, Jan Schütte 

Kamera:                           Edward Klosinski 

Ton:                                 Eckhard Kuchenbecker 

Musik:                             John Cale 

Schnitt:                            Renate Merck 

Kostümbild:                     Katharina Wöppermann 

Casting                            Risa Kes 

Redaktion:                       Joachim von Mengershausen   (federführend) 
                                       Cooky Ziesche 
                                       Susan Schulte 
                                       Andreas Schreitmüller 
 

Produktion:  Novoskop Film / Berlin in Co-Produktion mit WDR, ORB, SWR, ARTE und Studio Babelsberg 

Deutschland 2000, Farbe, 91 Minuten, 35 mm, 1:1,85, Dolby SR 

Das Drehbuch wurde gefördert von der Filmförderung Hamburg, dem Filmboard Berlin und dem European Scriptfund. 

Die Produktion wurde unterstützt durch die Kulturstiftung der Deutschen Bank. 
 

Kurzinhalt:

Der letzte Tag eines ungewöhnlichen heißen Sommers. Bertolt Brecht ist dabei, sein Sommerhaus am See unter den hohen Briken in Brandenburg zu verlassen, um nach Berlin zu fahren und die kommende Theatersaison vorzubereiten. Alle Frauen seines Lebens sind da: Ehefrau Helene Weigel und Tochter Barbara, die Assistentin Elisabeth Hauptmann, die alte Geliebte Ruth Berlau, die junge, nymphenhafte Schauspielerin Käthe Reichel und die feine Isot Kilian, deren Körper und Zuneigung Brecht mit ihrem Ehemann, dem kritischen Philosophen Wolfgang Harich teilt. Sie schwimmen, schreiben, rauchen, sie essen Pilzgulasch, mit Knödeln, reden, streiten und schweigen sich an. 
Ein Ort, ein Tag, im Jahre '56: der letzte Tag der Sommerferien, einer der letzten Tage im Leben Brechts. Die sonnige Szenerie ist zauberhaft, die Handlung alles andere als das. "ABSCHIED" erzählt von Himmel und Hölle menschlicher Beziehungen, von Liebe, Hass und Leidenschaft, Ehrgeiz, Eifersucht und Egomanie, von Hoffnung und Verrat: Brecht kämpft um eine Zukunft, die es nicht mehr geben wird. 
 

Inhalt

Still liegt der Schermützelsee. Hühner gackern, Hunde bellen, Vögel zwitschern, Enten quaken. Das Radio berichtet von Verhaftungen, von Vorbereitungen zum Hochverrat, warnt vor der Waldbrandgefahr. Ein schweres, schwarzes Auto nähert sich. 
Idyllisch liegt das Atelier-Häuschen im Birkenwald am See. Rundherum erwacht langsam das Leben an diesem frühen Morgen im August 1956, dem letzten Ferientag in Buckow. Nie werden Brecht und seine Frauen so wieder zusammen kommen. Ein paar Tage später wird der Schriftsteller sterben. 
Der Schweiß steht dem Dramatiker auf der Stirn, noch liegt er im Bett, stöhnt leise. Tochter Barbara zündelt im Garten, verbrennt "dem Pappa seine Kappen", wie Helene Weigel entsetzt bemerkt. Schrill klingelt das Telefon, die Weigel beginnt mit den Vorbereitungen zur Abreise nach Berlin. Käthe Reichel, die zarte junge Schauspielerin, pflückt Wiesenblumen im Garten, die sie Brecht aufs Fensterbrett des Arbeitshäuschen legt. Die Weigel raucht, die Hauptmann arbeitet, Brecht, unrasiert, voller Wut über sein Fieber, dichtet an der Schreibmaschine. 
Das Auto hält, ein junger Mann kommt zur Weigel "Genossin Weigel", erklärt ihr, er habe eine Pflicht, er müsse Harich verhaften, wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Die Weigel windet sich, schlägt schließlich ein, sie will ihren Mann schützen vor Aufregungen. "Was macht die Kunst?": Das soll das Stichwort des Verrats sein. 
Ruth Berlau, von Wodka betrunken, stiefelt durchs Dorf, im Großmutternachthemd, das Brecht einst so liebte, und das ihr nun über die Schulter rutscht, spricht zu sich selbst. Im Bootshäuschen trifft sie Brecht, der Käthe erwartet hat. Ruth Berlau hat den ganzen Sommer auf Brecht gewartet. Sie sehnt sich nach einem Kuss. Der Dichter klagt: "Ich bin noch keine 60 und sehe fünf Jahre älter aus. Wegen Dir." Die Berlau schießt zurück: "Wie viele Ziegen hast Du eigentlich zur Zeit?" 
Oben, in der Bibliothek wacht Isot Kilian auf, Ludwig Harich, ihr Mann legt sich nach durchgearbeiteter Nacht zu ihr auf die Couch. 
Käthe geht schwimmen im See, steigt nackt wieder ans Land. Käthe und Brecht liebkosen sich. Als die Weigel, die Hauptmann und Barbara, aneinander gedrängt, dazukommen, fragt er barsch seine Assistentin nach den Korrekturen. Elisabeth Hauptmann beginnt zu stottern. 
"Was haben Sie denn?" 
"Nichts, gar nichts. Sie haben mich nur seit einer Woche zum ersten Mal angesprochen." 
Seine Entschuldigung, mit der er alles aus der Welt schaffen will, nimmt sie nicht an. 
Ihre Hand verweigert sie ihm, lässt ihn einfach auf dem Bootssteg stehen. "Seien Sie mir nicht böse." 
Ein Tag, wie er schöner nicht sein könnte. Brecht schwitzt. Er hat Fieber. Die Helli, wie nur ihr Mann sie nennt, weiß, was er hat: Eine Grippe ist es nicht. Es ist das Herz. 
Alle sind beschäftigt. Sie rauchen, trinken Kaffee, putzen Pilze, sortieren Zeitungen, packen Koffer. Und beobachten sich gegenseitig. 
Als Käthe auf Brechts Befehl seine Gedichte vorzulesen beginnt, "Wie es war", unterbricht er sie barsch: "Wie es war I" stehe dort. Und eins solle sie sich merken als junge Schauspielerin: "weniger Ehrgeiz, mehr Natürlichkeit." Sie soll das Blatt zerreissen. Sie tut es nicht. Brecht: "Du hast recht. Es ist wunderbar. Da kann man nichts machen." Am Fenster stehend, schnuppert er an ihr, hätte sie fast geküsst. Fast. "Nein! Ich muss arbeiten." Die Shakespeare-Sonette soll sie ihm holen aus der Bibliothek. "Nein!" sagt sie. Und geht. 

Oben in der Bibliothek: Isot Kilian und Harich lieben sich. Brecht steht in der Tür, guckt zu. 
Die Hauptmann formt Semmelknödel, Barbara deckt den langen Tisch. Brecht wird entdeckt. Harich, der seine Frau mit dem Schriftsteller teilt: "Wir wissen um Deine Feigheit. Wir lassen sie Dir." Brechts Erwiderung: "Ich muss hinschauen. Worüber soll ich sonst schreiben? Wir Schwaben müssen alles wissen." Der böse Blick, den Isot Brecht zuwirft, verwandelt sich in ein verschwörerisches Lächeln. "Du liebst das Monster wirklich?" will Harich später von ihr wissen. 
Seine Kappe, wo ist seine Kappe: Immer wieder packt Brecht sich an den Kopf, sucht seinen Schutz. Langsam versammelt die Feriengesellschaft sich am Mittagstisch. Die Helli und die Elisabeth, Käthe und Barbara, sie sitzen schon. Ruth Berlau hat sich fein gemacht. Wie eine große Dame tritt sie auf und schmeißt ihren Stuhl dabei um. 

Sie warten. Auf Brecht. Die Spannung wächst. Die Frauen reden von Liebe und Eifersucht, von der Zeit des Exils. Helli beschwört die Berlau: "Machen Sie bitte keinen Ärger heute. Es ist sein letzter Ferientag. Er braucht Ruhe." Ruth Berlau verkündet stolz: "Ich bin die Hure eines Klassikers." Nicht das Leben, erklärt Elisabeth Hauptmann ihr, der Alkohol mache sie böse. "Ich hab' Euch alle in meine Familie aufgenommen," wirft die Weigel den Frauen vor. "Ich hab' Euch alle wie meine Freundinnen behandelt." Ruth Berlau widerspricht. Immer habe Brecht in Amerika die Helli als Entschuldigung benutzt. "Komm' lieber nicht, das stört die Helli." Auch als ihr Kind, ihr gemeinsames Kind, gestorben ist. "Ich habe ein ganzes Leben für ihn aufgegeben. Ich bin seine Frau so gut wie sie." Elisabeth Hauptmann fragt, ob sie was fragen darf: "Was wird eigentlich aus den Eiern?" 
Brecht, Isot, Harich setzen sich an den Tisch, zum Pilzgulasch mit Knödeln. Die Männer unterhalten sich über Politik. Der Philosoph kann keinen Unterschied erkennen zwischen dem Großen und dem Kleinen, dem Staat und der Feriengesellschaft: 
"Auch hier erstarrt alles in serviler Unterwürfigkeit vor dem berühmten Autor. Ihr starrt ihn an wie einen Messias. Du suchst Deine Kappe. Ich suche was anderes. Dir ist es egal, Brecht, ob Sozialismus oder Weltuntergang. Solange es auf Deine Bühne passt: herrlich!" 
Barbara faucht Ruth Berlau an, Brecht brüllt seine Tochter an. Er will nicht, dass Barbara die Berlau so behandelt. Er will keinen Streit. Keine Diskussion. Das ist für ihn ein eiserner Entschluss. 
Käthe, die junge Schauspielerin, fragt Isot, die junge Nebenbuhlerin: "Weißt Du, was ein schönes Wort ist, Isot? Generalstreik." 
Später gehen die beiden gemeinsam im See schwimmen. 
Elisabeth faltet ihre Serviette ordentlich zusammen. 
Barbara hält sich an der Limonadenflasche fest. 
Draußen knattern die Assistenten auf dem Motorrad heran. 
Eine Gruppe von Kindern in Blauhemden kommt anmarschiert, sie wollen ihrem "großen Heimatdichter" zum Abschied ein Gedicht aufsagen. Brecht unterbricht, arrangiert sie auf der Treppe, lehnt sich zurück, raucht seine Zigarre. "Sommer ade." Als ein Junge das Gedicht rezitiert, kommen Brecht die Tränen. 
Ruth Berlau hockt am Bootshaus und pinkelt in eine Limonadenflasche, die sie in die Küche stellt. 
Immer schwerer atmet Brecht. 
Elisabeth packt die Manuskripte in den Koffer. 
Die Weigel versucht Isot und Harich was zu sagen, bleibt stecken im Versuch, Brecht zu verteidigen. "Brecht ist in einer sehr schweren Situation. Er kann nicht so, wie er will. Niemand kann so wie er will." 
Mit Elisabeth Hauptmann zusammen verbrennt sie die Papiere, auf denen Harich Ulbricht den Kampf ansagt. 
Brecht bespricht mit den unbeholfenen Assistenten seine Stücke. Sprechen kann er kaum. Als der Kulturminister anruft, vertröstet er ihn. 
„Wo's kein Geheimnis gibt," lässt er Palitzsch notieren, "gibt's keine Wahrheit." Und dann: "Man kann seiner Klasse nicht entkommen. Ich hab's versucht." 
Er kann nicht mehr. Legt sich ins Bett. Die Schwester kommt, gibt ihm eine Spritze. Im dunklen Zimmer greift er Hellis Hand. "Warum sind wir hier? War das ein Fehler? Warum sind wir nicht woanders." „Woanders ist woanders. Da wollten sie uns nicht." Er vermisst seine alte Mütze. Die habe sie verbrannt. Er will seine alte wiederhaben. Gerade weil sie kaputt war und stank. 
Einen Professor will er nicht, seine Ruhe will er haben. 
Und Käthe. Wieder liest sie ihm vor. Sein Testament. Er will ihr viel vermachen. Nehmen will sie es nicht. 
Ängstlich warten die andern, auch Harich, im Garten, erleichtert, als es Brecht etwas besser geht. 
Der Chauffeur, von einer Reifenpanne aufgehalten, kommt. Ruth Berlau bettelt, im Wagen mitgenommen zu werden. Brecht verweigert ihr die Bitte, Berlau ohrfeigt ihn. Nasenblutend sitzt er im Auto, schmeißt das blutrote Taschentuch Elisabeth in den Schoß. Sie springt auf: "Lasst mich raus hier, lasst mich raus!" Einen winzigen Moment überlegt Käthe, dann übernimmt sie ihren Platz. Alle fahren los, Elisabeth Hauptmann und Ruth Berlau bleiben zurück. 
An der Straßensperre steht wieder der junge Mann, beugt sich zur Weigel: Sie habe nicht angerufen! Das Auto fährt weiter. Isot und Harich werden vom Motorrad gerissen und verhaftet. Brecht sieht sich nicht um. 
Hier endet der Film. 
Das Leben geht weiter: 
Brecht stirbt vier Tage später an Herzversagen. 
Harich wird vom Obersten Gerichtshof der DDR zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. 
Helene Weigel leitet das Berliner Ensemble bis zu ihrem Tod 1971. 
 

Jan Schütte (Regie) 

1957 in Mannheim geboren, lebt in Berlin.. Jan Schütte hat Literatur und Kunstgeschichte in Tübingen, Zürich und Hamburg studiert. Ab 1979 hat er für das Fernsehen als Reporter gearbeitet und mehrere kurze Dokumentarfilme fürs Kino gedreht, bevor er 1987 bei seinem ersten Spielfilm Regie führte: "Drachenfutter" wurde bei den Filmfestspielen in Venedig gezeigt und mit dem Premio Cinecritica, dem Deutschen Kritikerpreis und dem Prix Francos Truffaut ausgezeichnet. Für seinen zweiten Spielfilm, "Winckelmanns Reisen" (1990), der ebenfalls in Venedig gezeigt wurde, bekam er unter anderem den CICAE Preis. Nach dem Film-Essay "Nach Patagonien" auf den Spuren von Bruce Chatwin folgte 1994 Jan Schüttes dritter Spielfilm "Auf Wiedersehen Amerika", der beim Filmfestival in Cannes aufgeführt wurde und den Bundesfilmpreis, den Bayerischen Filmpreis und die Auszeichnungen für den besten Film und die beste Musik beim Jüdischen Film Festival in Frankreich erhielt. Ein Jahr später drehte der Regisseur einen weiteren Film-Essay, "Eine Reise in das Innere von Wien", und 1998 seinen vierten Spielfilm, "Fette Welt", der im selben Jahr beim Filmfestival von Locarno Premiere hatte. 
 

Interview mit Jan Schütte

Wie kam es zu einem Film über Bertolt Brecht?

Der Redakteur Joachim von Mengershausen vom WDR, mit dem ich schon mehrere Film gemeinsam produziert hatte, sprach mich im Frühjahr 1996 auf einen biographischen Film über Brecht an. Das Projekt hatte eine komplizierte internationale Produktionsgeschichte hinter sich und befand sich an einem Tiefpunkt. 

Ich las in Brechts Werken, vor allem in der Lyrik, und einige biographische Werke. 

Dann traf ich in New York Klaus Pohl, der schon mehrere Jahre an Drehbüchern für das Brecht Projekt gearbeitet hatte, und schlug ihm vor, das Leben Brechts auf einen Tag zu reduzieren, einen Tag in Buckow, mit allen jungen und alten Geliebten, mit Harich, der verhaftet werden soll. 

Ich muß es Klaus Pohl hoch anrechnen, dass er diese Idee aufgriff, obwohl er schon so lange an dem Projekt gearbeitet hatte. 

Was hat Sie inspiriert, den Film zu machen?

Brecht war gegen Ende seines Lebens in einer komplizierten Phase: alles war unübersichtlich, unklar, uneindeutig - obwohl der Kalte Krieg ja eine scheinbare Schlachtordnung vorgab. Ich denke, dass wir heute in einer ähnlich unübersichtlichen Zeit leben. 

Ich finde faszinierend, wie er sich weigert, Entscheidungen zu treffen: er lebt mit allen seinen Frauen zusammen, mit mehreren schon über dreissig Jahre. Er weigert sich, sich für eine Frau, und damit für eine Lebensphase, zu entscheiden, er weigert sich damit auch, sich für ein Leben zu entscheiden. Was ist er? Politische Person, Künstler, jugendlicher Liebhaber, alter, kranker Ehemann? 

Ausserdem ist es natürlich auch eine sehr deutsche Geschichte, und Brechts Situation wirft die Frage auf, die er selbst ja so oft in seinen Stücken diskutiert hat (z.B. im Galileo): wie weit darf ein Künstler sich mit der Macht einlassen? Schließt er da nicht einen Pakt  mit dem Teufel? Und so klar Brechts Aussagen in seinen Arbeiten sind, so taktisch hat er sich oft selbst verhalten, vor dem McCarthy Ausschuss genauso wie am 17. Juni 53 in Berlin. 

Was hat sie besonders an dem Projekt gereizt?

Indem wir die Geschichte auf einen Tag konzentriert haben, war die große Herausforderung, das ganz einfache und das ganz komplexe unter einen Hut zu bekommen. Es ist ein wunderschöner, leichter Spätsommertag, eine Idylle, in der die Hölle stattfindet. Alle beobachten alle, die ganze Zeit, den ganzen Tag. Ich wollte einen unerbittlichen Film drehen, mit einer gewissen Härte, obwohl der Tag so schön ist. Die Figuren sollten kompromisslos sein und sehr komplex, und trotzdem sollte es ein einfacher Film werden. 

Klaus hat das Buch in wenigen Wochen geschrieben. Als er mit der ersten Fassung fertig war, waren wir uns alle einig, dass das Buch großartig ist. Gleichzeitig aber war der Ton und die Geschichte des Buches vielleicht zu radikal, zu dunkel für eine reine Fernsehgeschichte. Es gelang uns jedenfalls nicht, den Film wie ursprünglich geplant innerhalb des deutschen Fernsehens zu finanzieren. 

Am Anfang hatten wir uns vorgenommen, in drei Teilen drei Tage aus dem Leben Brechts zu erzählen - aus drei Jahrzehnten. Aber niemand war daran interessiert, gleichzeitig waren wir uns einig, dass der letzte Teil der ungewöhnlichste und spannendste war. Am Ende von Brechts Leben ist die Situation am radikalsten, auch am verzweifelsten. 

Wie sah die Produktionssituation dann aus?

Am Schluß habe ich die Produktion selbst übernommen und einen Teil des Films auf dem freien Markt finanziert, durch eine Koproduktion mit Studio Babelsberg, durch Garantien und Vorverkäufe - und am Schluß hat uns die Kulturstiftung der Deutschen Bank noch geholfen. Trotzdem war das Budget sehr beschränkt, 1,28 Millionen $, und wir hatten nur 23 Drehtage zur Verfügung. 

Was hat Sie an einem biographischen Film interessiert?

Ein Dokumentarspiel hat mich nicht interessiert.  Es war von Anfang an mein Ziel, dass der Film für jeden Zuschauer funktioniert, ob er Brecht kennt, oder nicht. Man kann den Film völlig ohne Vorauswissen anschauen. Die Situation ist ja ganz archetypisch. Und ich habe ABSCHIED gedreht wie alle anderen Spielfilme auch, wo der Zuschauer die Figuren ja auch erst auf der Leinwand kennenlernt. 

Wieso haben Sie Brandenburg nach Polen verlegt?

Ich wollte für den Dreh eine Einheit schaffen, von Innen und Aussen. Das ging nur in einem Studiobau. In Buckow selbst hätten wir nicht drehen können, die „Eiserne Villa“ ist ein Museum, und das Gärtnerhaus die private Datscha der Familie Brecht. Dazu kam, dass es in Deutschland keinen ruhigen See mehr gibt, wo nicht tausend Surfer und Motorbooter herumdüsen. 

Nach meinen sehr guten Erfahrungen gerade in Hinsicht auf Studiobauten bei „Auf Wiedersehen Amerika“ habe ich mich an meinen damaligen Koproduzenten gewandt, Henryk Romanowski. Gemeinsam mit dem Ausstatter Rafal Waldenberger haben wir ein Jahr ganz Polen durchkämmt und sind schließlich in Sczcecinek (Klein-Stettin), ca. vier Stunden östlich von Berlin, fündig geworden. Die ehemals sogenannte „Pommernsche Seenplatte“ ist eine traumhafte Landschaft. 

Gedreht wurde schließlich auf einem geschlossenen Campingplatz, nicht weit von der Stadt, direkt am See gelegen, eine ideale Mischung aus Birken und lichten Plätzen. Vier Monate hat es gedauert, das Haus aus Holz zu bauen. Innen waren die Wände flexibel und auch einen Teil der Aussenwände konnten wir wegnehmen. Das Ineinanderfliessen von Innen und Aussen war mir für den Dreh ganz wichtig: so ist das Leben in einem Sommerhaus. Es ist übrigens alles hergestellt: auch die Stege, die Wege, die Grünpflanzen, jede Klinke kam aus Berlin. 

Viele Details kommen aus dem Fundus des Studio Babelsberg, die natürlich alle Möbel und Requisiten für einen Film, der 1956 in der DDR steht, parat hatten. 

Für Brecht waren Sommerfluchten immer wichtig. Noch 1932 hat er sich ein Haus am Ammersee gekauft, und in der DDR Zeit hat er gleich nach einem Platz ausserhalb Berlins gesucht. Er war immer fleissig, hat viel gearbeitet, hat aber auch gleichzeitig immer Hof gehalten. 

Das Team hat wie eine Sommerkünstlerkolonie auf einem Campingplatz gelebt?

Meine Auflage war: Das ganze Team mußte fünf Wochen lang zusammen vor Ort sein. Auch wenn manche Schauspieler oft tagelang auf der Reservebank saßen, sie mußten immer dabei sein. Da wir ja alle Drehorte immer zur Verfügung hatten, konnten wir den Drehplan ungewöhnlich flexibel halten. Wenn tolles Wetter war, haben wir die Badeszenen gedreht, und bei Regen und Sturm den Abschied. Nur so konnten wir die wenigen Drehtage optimal nutzen. 

Spiel und Leben überschnitten sich oft. Unser Mittagessen fand an einer nicht unähnlichen Tafel statt wie das große Mittagessen im Film. 

So entstand eine sehr konzentrierte Atmosphäre. Das merkt man übrigens gerade bei jenem gemeinsamen Mittagessen, dem dramaturgischen Höhepunkt des Films, der größten und schwierigsten Szene: fast zwanzig Minuten lang sitzen acht Personen zusammen und reden, mit zwei kleinen Unterbrechungen. Das habe ich tagelang geprobt, und da hat es sehr geholfen, das die Schauspieler eben auch sonst tagelang immer zusammen gesessen und gegessen haben. Diese Vertrautheit bekommt man nicht hin, wenn man die Schauspieler nur vom Flughafen abholt, an einen Tisch setzt und inszeniert. 
 

Wie haben Sie die Schauspieler gefunden?

Den Sepp als Brecht, das war Klaus Pohls Idee, und die war genial. Die Figur des Brecht soll im Film ja eine eigene, innere Dynamik bekommen, und kein Mimikry sein. Es ging mir um eine innere Übereinstimmung. Beide sind ganz stark süddeutsch geprägt, der Sepp ist Oberbayer und der Brecht Oberschwabe. Beide haben eine intelligente, intellektuelle Präsenz, haben eine faszinierende Ausstrahlung auf Frauen, und haben etwas bäuerlich-verschlagenes. Der Sepp kokettiert ja auch immer mit seinem „Bauer-Sein“, gleichzeitig führt er wirklich einen großen Hof am Starnberger See. 

Und sowohl Brecht als auch der Sepp haben etwas Grantliges und etwas ganz Weiches. Brecht muss enormen Charme gehabt haben, er konnte sehr auf Menschen eingehen, auch um etwas für sich zu erreichen. 

Gemeinsam mit Risa Kes habe ich dann die anderen Rollen besetzt, immer mit dem Blick auf die individuelle Person wie das ganze Ensemble. Und letztlich haben wir uns auch Gedanken gemacht, wie die Personen beim Dreh miteinander auskommen. 
 

Warum ist die Filmmusik so sparsam?

Lange habe ich mich schwergetan, mir überhaupt Musik vorzustellen, bei diesem Film. Dann haben wir versucht, sehr klar vorzugehen: ein Instrument, nur Klavier, und deutliche Einsätze. 

John Cale hat die Musik im Studio zum Film improvisiert. Der Film spielt an einem Ort, an einem Tag, mit einer Stimmung, aber es kommen sehr viele Personen vor. Die Musik, die die Stimmung unterstützt, soll da eine Einheit schaffen wie einen Himmel darüber. 

In diesem Moment seines Lebens wußte Brecht, der ja auch ein großer Zyniker war, nicht mehr weiter: politisch nicht und auch künstlerisch war er in einer Sackgasse. Am liebsten wäre er Dichter in Italien gewesen. Seine Situation war verzweifelt, letztendlich war er ein einsamer Mensch. 

Er konnte sich in Herzenssachen nicht entscheiden: nicht für eine Frau, nicht für einen Lebensstil, nicht für eine Lebensphase. Helene Weigel hat mal über ihn gesagt: Brecht ist sehr treu, leider zu zu vielen Frauen. Sein Zynismus war seine Deckung und sein Schutz. 
Dass er schließlich an Herzversagen, an einem kranken Herzen starb, ist tragisch und nicht ohne Ironie. 
 
 

Klaus Pohl (Drehbuch)
1952 in Rothenburg ob der Tauber geboren, lebt in New York und Berlin. 
Nach der Schauspiel-Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Berlin hat Klaus Pohl Engagements an zahlreichen großen Schauspielhäusern übernommen. Als Autor wurde er mit seinen Theaterstücken zu einem der meistgespielten Dramatiker der Gegenwart und hat auch etliche Drehbücher geschrieben. 
1999 ist sein Buch „Das Deutschlandgefühl“ erschienen. 

Pohl über sein Drehbuch:
Es war immer klar, dass das Ganze ein Wahnsinnsunternehmen war. Sechs, fast sieben Jahre habe ich mich mit dem Brecht-Projekt auseinandergesetzt. Ursprünglich sollten ja mehrere Teile gedreht werden. Irgendwann ist mir Brecht im Traum erschienen und hat gesagt: Lass Dir Zeit. Jan Schütte ist dann auf die großartige Idee gekommen, alles auf diesen einen, fast letzten Tag zu konzentrieren. Das ist ja der älteste Traum in der Literatur: Ein Tag ist wie ein ganzes Leben. Da muss man nicht Zeit erzählen, erst war das und dann war das, man kann sich ganz auf die Figuren konzentrieren. 
Da haben sich die ganzen Jahre bezahlt gemacht. Wenn ich mich nicht so lange mit Brecht beschäftigt hätte, hätte ich mich das gar nicht getraut. Dann hätte mir auch die Souveränität im Umgang mit dem Stoff gefehlt. Und den Fakten habe ich mich sehr verpflichtet gefühlt. Mir waren die Figuren als historische Figuren ja sehr vertraut, nicht nur durch all das, was ich gelesen hatte, sondern auch durch das, was mir Heiner Müller erzählt hat und Thomas Brasch und meine Frau, die Sanda Weigel. über ihren Vater ist sie verwandt mit Helene Weigel, hat bei ihr auch gewohnt, in Berlin und im Sommer in Buckow. Da saß die Weigel meistens auf dem Bett und hat Ente gegessen. Das war ihre Art zu entspannen. 
Langweilig ist mir in all den Jahren nie geworden. Brechts Leben hat so viele Aspekte des 20. Jahrhunderts eingefangen, vor allem dieses permanente Fremdsein, das Ausgestoßensein, und dass er immer gezwungen war, sich mit Ideologien auseinanderzusetzen. Brecht ist immer politisch. Einen reinen Privatmann Brecht hat es nicht gegeben. 
Die Frauen waren seine Verbindung zur Welt, sie haben ihm die Welt nahe gebracht. Sie haben ihm auch die besten Stoffe gebracht. Und wie jeder Dichter war er ja ständig auf der Suche nach Stoffen. Dort draußen in Buckow, an diesem Tag, ist er in jeder Beziehung von seinem Lebenswerk umgeben. Was ihn so anziehend gemacht hat, ist klar: Er war ja nicht langweilig wie andere Männer. Er hat immer Ideen gehabt. Und zusammen haben sie Figuren erfunden. Sie waren ein Kollektiv. Die Frage der Urheberschaft haben sie miteinander ausgemacht. Mich langweilen diese Fragen, wer hat was hervorgebracht. Inzwischen weiß man das ja auch. Aber es war ein gemeinsames Werk. Und die Frauen haben alle im Zusammenhang mit Brecht überlebt. 
Natürlich hat das einen Preis gehabt. Es gibt kein Leben, das nicht was in Kauf nimmt. Aber in all den vielen Jahren habe ich Brecht regelrecht lieben gelernt, als Künstler und als Lebenskünstler. In all seinen Widersprüchlichkeiten. 
 
 
 
 

Die Schauspieler:
 

Sepp Bierbichler (Bertolt Brecht)

Seine Eltern waren Bauern und Landwirte in Ambach am Starnberger See, er selbst besuchte zunächst eine Hotelfachschule. Dreimal wurde er von "Theater Heute" zum Schauspieler des Jahres ernannt. Als er den "Gertrud-Eysoldt-Ring" von der Deutschen Akademie für Darstellende Künste erhielt, gab er das Preisgeld von 20.000 DM bei der Verleihung an Christoph Schlingensief weiter, weil der einer der wenigen am Theater sei, "der die Kraft hat zum Stehen und zum Handeln". Am Berliner Ensemble hat Bierbichler 1997 in der Inszenierung von B.K. Tragelehn die Titelrolle in Brechts "Das Leben des Galilei" gespielt. "Am Berliner Ensemble ist er die Zentralsonne, um die alle erloschenen Planeten des Hauses kreisen," schrieb damals "Die Zeit". 

"Geboren am 8. Mai 1945, von '48 bis '54 Besuch einer Schauspielschule in Holzhausen bei München. Danach fünf Jahre Volksschule und anschließend zehn Jahre Internat im Kloster Ettal, Knabeninstitut Hl. Kreuz bei den Herz-Jesu Brüdern. Erstes Engagement bei der Würmseer Sommerfrischlerbühne in Holzhausen am Starnberger See. Entdeckung durch Pamela Wedekind und Rudolf Noelte mit folgender Vertragsunterzeichnung am Residenztheater München. Rasanter Aufstieg mit "Der Brandnerkasper und das ewige Leben". Danach häufiger Auftritt in Kellerbühnen, dauerhafte Erfolge wie „Code inconnu“ mit Juliette Binoche, "Woyzzeck" mit Klaus Kinski und "ABSCHIED bzw. Nacht in Buckowal" mit Margit Rogall. Dazwischen Filmarbeiten mit Werner Herzog gegen Entgelt und Herbert Achternbusch gegen Kirche und Bayr. Einheitspartei, unterbrochen von Urlauben in Spanien, Portugal, Frankreich, Schweiz, Grönland und Island und Innsbruck am Brenner. Zwischendurch Theater in München, Hamburg, Wien, Berlin, Bochum, Ludwigsburg und Rez. Zwischendurch Fernsehen über Fernsehen, hinter und vor dem Fernsehen mit Titeln wie "Mein Freund der Scheich", "Die Glocke vom Mangfall", "Der Urwald ist mein Freund", "Freunde", "Mein geliebter Feind", "Rosse", "Fliegen am Fenster", "Freier Fall", "Auf jeden Fall", "Winterschläfer", "Sommergäste", "Herbstmilch", "Frühlingsdepression", "Du", "Er", "Es" von Polanski, und als letztes mit noch offenem Sendetermin "Nichts". 
Das war`s." 
 
 

Josef Bierbichler über seine Rolle und die Dreharbeiten:
 

Was reizt Sie daran, den alten Bertolt Brecht zu spielen?

Der Brecht war erst mal nicht alt, der war 58 an dem Tag, den wir versuchen herzustellen. Und der Brecht ist nur eine Vorlage, das war mir von vornherein wichtig. Das Drehbuch ist gut genug, dass man es auch ohne diese Schlüsselnamen machen könnte. Also auch, wenn der Brecht Huber und die Helene Weigel Meier hießen. Die Verflechtung von einem Mann und fünf Frauen ist dem Pohl so gut gelungen, dass es nicht mehr wichtig ist, dass das der Brecht ist. Wenn das Drehbuch nur vom Brecht handeln würde, dann hätte es mich nicht interessiert. Ich will nicht erzählen: So war Brecht am letzten Tag. 

Worum geht es dann?

Um einen Mann mit verfallenden Körper und um die Faszination, die er auf Frauen ausübt. Der Körper war ja wahrscheinlich wirklich nicht mehr so aufregend. Aber wahrscheinlich konnte er mit seiner geistigen Konzeption eine Aura erzeugen, die auch junge Frauen wie Isot Kilian und Käthe Reichel faszinierte. Das ist doch interessant, dass die beide auch mit dem alten Körper in Kontakt sind. Die vögeln ja noch miteinander. 

Was machte Brecht so anziehend? Sein Erfolg?

Das müssen Sie jetzt als Frau wissen, da kann ich nur spekulieren. Macht Ruhm wirklich geil? 

Man muss sich ja nur mal umgucken. Beispiele für Beziehungen zwischen alten erfolgreichen Männern und schönen jungen Frauen gibt es genug. 

Natürlich denkt man da schnell an das Klischee Ruhm oder Geld. Aber dass möglicherweise geistige Fähigkeiten eine Wirkung haben könnten, vielleicht gerade auf junge Frauen, das ist unsere Geschichte. Die jungen Frauen waren offensichtlich in der Lage, den Erfahrungsvorsprung, den einer wie der Brecht hatte, auszubeuten. Die dachten vielleicht, der erzählt mir was, da kann ich einen Lebensraum überspringen, den ich nicht selber durchleben muss. Das ist doch eine Qualität. 

(Auszüge aus einem Interview von Claudia Voigt und Wolfgang Höbel, in: Der Spiegel, Nr 43/1999) 
 

Monica Bleibtreu (Helene Weigel)

1944 geboren, lebt in Hamburg. 
Ausgebildet am Max Reinhardt Seminar, hat Monica Bleibtreu Engagements an den führenden deutschsprachigen Bühnen gehabt, darunter das Burgtheater,  die Münchner Kammerspiele und die Salzburger Festspiele, die Schaubühne und die Freie Volksbühne in Berlin und das Hamburger Schauspielhaus. Im Film hat sie unter der Regie von Georg Stephan Troller („Simone Weill“), Axel Corti („Emigranten“), Hans Jürgen Syberberg ("König Ludwig"), Fritz Lehner ("Mit meinen heißen Tränen"), Tom Twyker ("Lola rennt") und Josef Vilsmaier ("Marlene"). 
 

Monica Bleibtreu über ihre Rolle und die Dreharbeiten:

Erst einmal habe ich das als Last empfunden, die Weigel zu spielen, hatte das Gefühl, ich muss dem großen Vorbild gerecht werden. Ich hab' mir ganz viele Fotos angeguckt, um sie kennenzulernen. Ich hab' sie verstehen können, auch bewundert. Sie war eine kluge, eine dominante Frau, vielleicht viel härter, als ich es je sein könnte. Und dann habe ich mich entschlossen, sie so zu behandeln wie eine Rolle. Ich hab' mir gedacht: Reden kann ich eh' nicht mehr mit ihr. Also hab' ich sie mit mir selbst gespielt. Das hätte auch Shakespeare sein können. Mit Brecht hatte sie einen faszinierenden Mann an ihrer Seite. Der Schmerz über seine vielen Beziehungen, der ist zu diesem Zeitpunkt, wo der Film spielt, schon vorbei. Sonst wäre sie ja irre geworden. Aber bei der Arbeit, da wird sie sehr eifersüchtig gewesen sein, da liegt der Hauptschmerz. Brecht hat ja in jeder Beziehung was anderes gesucht und gefunden. Die Weigel hat er lange nur als Hausfrau gesehen, erst später als Schauspielerin. Sie wollte immer mal wieder weg von ihm und er hat sie immer wieder gewonnen. 
Brecht war ein Mann, der sehr genial war. Aber alles, was um ihn herum kreuchte und fleuchte, hat er inszeniert. Er hat ihnen Leben gegeben, aber auch genommen. Das war schlimm für die, die das Gefühl hatten, nur in seiner Umgebung lebendig zu sein. Bei Barbara, seiner Tochter, sieht man, wie sehr sie den Vater liebt, aber dass sie ihn genauso wenig erreicht wie die anderen Frauen. Er kümmert sich nicht um sie, das muss die Weigel übernehmen. 
Das Drehbuch hat mich sehr fasziniert, das ist wirklich gut geschrieben, mit großer Konsequenz. Es gefällt mir, dass es da keine spektakulären Szenen gibt. Die einzige, die ausflippt, ist ja die Berlau. Die Weigel hat vieles unterm Deckel gehalten. 
 
 

Margit Rogall (Ruth Berlau)

Ausbildung an der Staatlichen Hochschule in Frankfurt am Main, ab 1970 kontinuierlich Theater gespielt in Wiesbaden, Heidelberg, Basel, Bonn, Köln, Bremen und in Aachen inszeniert. Allerdings: Wenn man inszenieren will, muss man entweder reiche Eltern haben oder 20 Jahre alt sein oder eine starke Lobby haben. Meine ständige Angst, zu verhungern, hat mich immer in feste Verträge gehen lassen. 
Seit 1996 in München "fester" Gast in München, am Residenztheater. " 
Gefilmt? "Noch nie, abgesehen von anderthalb Drehtagen "Bella Block". Ich bin auf meine lange Theatererfahrung stolz. Dass ich bei Jan Schütte die Berlau machen durfte, erscheint mir immer noch als Geschenk. 
 

Margit Rogall über die Dreharbeiten und ihre Rolle:

Das Drehbuch ist so geschrieben, dass die Berlau einen anspringen würde, auch wenn man nichts von ihr wüßte. Für einen Schauspieler ist das ein gefundenes Fressen. 
Ich bin ganz unschuldig an die Rolle rangegangen. Gott sei Dank wusste ich nicht so viel über sie, ich hatte überhaupt keine Zeit, mich gründlich vorzubereiten. Sonst hätte ich versucht, so zu sein wie die Berlau. Und das hätte nur schief gehen können. Ich bin an sie rangegangen wie an eine Rolle, eine fiktive Figur. 
Natürlich habe ich sie gekannt, jeder beim Theater kennt die Berlau, in den Theaterkreisen gilt sie als interessanteste Frau um den Brecht, als erotischste Beziehung. Ich glaube, sie war überzeugt, dass sie die wahre, die große Liebe war von Brecht. Sie ist ihm ungeheuer auf den Leim gegangen, er hat sie ja nicht los gelassen. Zu der Zeit, wo der Film spielt, war das eigentlich schon vorbei. Aber für die Berlau, die eine wahnsinnige Treue hatte, war es nicht vorbei. Auch nach Brechts Tod nicht. Auch später hat sie Hof gehalten wie die richtige Witwe. Was sie an Brecht fasziniert hat? Vielleicht brauchte sie diese merkwürdige Nicht-Bindung. Wenn sie nicht eine so ungeheure Kraft gehabt hätte, auch in der Zerstörung, dann gäb's die Erinnerung an sie nicht. 
 

Elfriede Irrall (Elisabeth Hauptmann)

1938 geboren, lebt in Wien. 
Elfriede Irrall besuchte die Schauspielschule Helmuth Krauß in Wien. Es folgten Engagements in Bonn, Köln, dem Theater in der Josefsstadt und dem Volkstheater Wien sowie am Schauspielhaus Zürich und dem Thalia-Theater Hamburg, der Freien Volksbühne und an der Schaubühne in Berlin. Zu den Kinofilmen, in denen sie mitgespielt hat, zählen "Herr Puntila und sein Knecht Matti" (1955), "Hasenjagd" und "100 Jahre Brecht". 

Elfriede Irrall über ihre Rolle und die Dreharbeiten:

Das Drehbuch hat mich vom ersten Moment an begeistert. Mir hat es gefallen, dass alle Figuren mit ganz wenigen Strichen skizziert worden sind. Ich hatte den Eindruck, dass es sehr viel von der Atmosphäre dieser 50er Jahre eingefangen hat, auch von der Tragikomik der Situation. Es ist ein Abschied von diesem Freundeskreis, so wird es nie wieder sein. 
Freundschaft ist auch für mich, wie für die Hauptmann, etwas ganz Wesentliches, Freundschaft zu Menschen, die ganz unterschiedlich sind, was Charakter, Beruf und Nationalität angeht. 
Die Hauptmann hat mich fasziniert, weil sie sich als Persönlichkeit ihre Eigenständigkeit bewahrt hat, trotz der intensiven Zusammenarbeit mit Brecht. Die Hauptmann war eine sehr zurückhaltende Frau, sie hat auch nichts verlauten lassen Über ihre persönlichen Gefühle zu Brecht. Es ist etwas unklar gewesen, was zwischen den beiden war in den 20er Jahren. Aber eine erotische Anziehung ist da sicher gewesen. Andererseits hat für sie die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller wohl den größten Reiz ausgeübt. Sie war ganz anders als die Berlau zum Beispiel, die hat am meisten gelitten. Aber so konträr die beiden sind, die Hauptmann hat sie bis kurz vor ihrem Tod immer besucht, hat ihr Briefe geschrieben. Wie gesagt, das ist der Reiz an Freundschaften: dass man nicht nur mit Leuten zusammengluckt, mit denen man sowieso einer Meinung ist. 
Was mich besonders fasziniert hat an Brecht war der dialektische Arbeitsprozess: der Versuch, auf eine andere Weise miteinander zu arbeiten, dass man nicht so auf seinem geistigen Eigentum sitzt. Aus der Sehnsucht nach anderen Lebensformen war die Sehnsucht nach anderen Arbeitsformen entstanden. Die Hauptmann zum Beispiel konnte viel besser Englisch als Brecht und hat ihm alle möglichen Texte roh übersetzt. Dass er dann der Berühmte wurde, hatte auch mit seinen speziellen Qualitäten zu tun. Unsere Gesellschaft heute greift immer einen Einzelnen heraus: Einer muss der Star sein, der Autor oder der Regisseur oder ein Schauspieler. Die kollektive Leistung interessiert heute nicht. 
 

Rena Zednikova (Isot Kilian):

lebt in München. 
In der Tschechoslowakei aufgewachsen, ist sie mit 17 Jahren nach West-Deutschland gekommen. Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover, dann Engagements in Hannover, München, Tübingen, Bern, zwischendurch zahlreiche Fernsehrollen. 

Rena Zednikova über ihre Rolle und die Dreharbeiten:

Ich komme selber aus dem tiefen, tiefen Kommunismus. Anfangs habe ich Ost-Berlin deshalb sehr gehasst, das Schmutzige, das Graue, Kaputte, wo man beim Laufen auf dem Bürgersteig immer nach unten gucken musste, voller Angst, sich sonst einen Bänderriss zu holen. Aber weil ich so oft konfrontiert war mit Politik, fand ich gerade das wahnsinnig interessant an der Rolle, dass sie so politisch angehaucht war. Isot war ja nicht nur die Geliebte von Brecht, sondern auch die Ehefrau von Harich. Dadurch hat sie recht gefährlich gelebt. Dann hat Harich sie ausgeliehen an Brecht, und sie hat mitgemacht. Das war hip: Man würde nicht nein sagen zu Brecht. Das war mehr als die Erotik der Macht: Sie war verliebt in ihn, das sieht man an ihren Augen. 
Das Drehbuch war sehr rund. Das Sparsame daran hat mir sehr gefallen. Wenn man an einer Szene arbeitet und es fließt, dann ist es ganz egal, ob man mit Worten spricht, mit Gesten oder Blicken. Das ist gerade das Poetische, das Feine daran, dass nicht alles ausgesprochen wird. 
 

Birgit Minichmayr (Barbara Brecht)

1977 in Linz geboren, lebt in Wien. 
Nach einer Tanz- und Gesangsausbildung hat die Schauspielerin das Max Reinhardt Seminar in Wien besucht. Sie ist in Inszenierungen in Bremen, am Burgtheater und in Bern aufgetreten. 

Birgit Minichmayr über ihre Rolle und die Dreharbeiten:

Es hat mich interessiert, wie sich eine Tochter fühlt, deren Vater so dominant ist und sich dauernd mit anderen Frauen umgibt. Sie musste ihren Platz ja sehr erkämpfen. Allerdings war damals die Liebe zwischen Eltern und Kindern sowieso nicht so offen, da war emotional eine größere Distanz. Die anderen Frauen hat die Barbara nicht akzeptiert. Als Kind hat man da auch so eine Schutzfunktion: Das darf der nicht mit der Mama machen. Kinder haben auch so eine Wut im Bauch, wenn sie das nicht bekommen, von dem sie denken, das es ihnen zusteht. Mit der Berlau hat sie sich allerdings das schwächste Glied ausgesucht. Die schönste Szene, die tiefste Szene, ist für mich gewesen, als sie alle am Tisch sitzen und die Barbara ausfällig wird gegenüber der Berlau und rausläuft, nachdem der Brecht sie angebrüllt hat. Da sieht man, wie es der eigentlich geht. Für mich war es der erste Film. Das ist ganz andres als Theaterspielen. Da reicht schon ein Augenaufschlag, um was auszudrücken, wo man auf der Bühne Hände und Füße braucht. Jan Schütte hat immer gesagt: „Mach weniger, mach weniger.“ Und ich dachte: „Ich spiel´ ja gar nicht.“ Vor allem in der Szene, als sie die Pisse trinkt, das war die größte Herausforderung. Da mußte ich immer mehr zurücknehmen. 
 

Jeanette Hain (Käthe Reichel)

1969 in München geboren, lebt in München. 
Schauspielerin werden, das war ihr großer Traum, schon als kleines Kind. Im Moment studiert Jeanette Hain noch an der Filmhochschule München Regie, wozu auch Malerei, Gestaltung, Geschichtenerzählen und Schauspielerei gehört. Seit 1996 hat sie in zahlreichen Filmen gespielt, darunter „Die Cellistin“ (Sherry Hormann), „Das Trio“ (Hermine Huntgeburth) u.a.m. 

Jeanette Hain über ihre Rolle und die Dreharbeiten

Eine Geschichte mit Wurzeln, das hat mir sehr gefallen. Das man so eintauchen konnte in die Geschichte, in die Zeit. Dabei ist die Geschichte ganz zeitlos, man hat die Biographien, aber es entsteht was ganz eigenes. Die Käthe Reichel zu dieser Zeit hat mit unserer Käthe nicht so viele zu tun. Die reale Käthe war damals in einem ganz anderen seelischen Zustand, hatte schon einen Selbstmordversuch hinter sich. Ihr eigenes Feuer stand in großer Abhängigkeit von Brecht. Und ihre Versuche, von ihm loszukommen, sind gescheitert, er hat sie immer wieder zurückgeholt. Unsere Käthe ist noch ganz unberührt und ungebrochen, wie eine Knospe, die gerade aufgeht. Sie liebt den Brecht wirklich, als Mensch, als Mann, als Künstler, da ist sie auch sehr eigenständig, sagt nein, wenn sie nein meint. Sie ist ihm mit Neugier und Lust, mit Sehnsucht und Leidenschaft begegnet. 
 

Samuel Fintzi (Wolfgang Harich)

1966 in Sofia geboren, lebt in Berlin. 
Seine Ausbildung erhielt Fintzi an der staatlichen Theater- und Filmakademie in Sofia, 1989 kam er nach Deutschland. Fintzi hat zahlreiche Engagements übernommen, an den Schauspielhäusern Bochum, Düsseldorf und Köln, in Hamburg am Schauspielhaus und am Thalia Theater, wo er einige Jahre fest engagiert war und hat zwischendurch häufig in Filmen gespielt. 
 

Samuel Fintzi über seine Rolle und die Dreharbeiten

Da ich aus Bulgarien komme, bin ich mit einem ähnlichen System wie der Harich aufgewachsen, ich wußte, worum es da geht. Seine politische Naivität, der Glaube, dass sich das System reformieren lässt, hat mich daher ein bisschen gestört. Aber seine Energie habe ich sehr respektiert. Ich halte Harich für einen sehr mutigen Menschen, sein Verhalten nach der Wende bestätigt das. Brecht war schon ein Vorbild für ihn, als Dichter, als Denker und als Mann. Harich war wohl selbst ein Frauentyp, sehr charmant, fast so etwas wie ein Rockstar in der DDR: er war ein blendender Rhetoriker, sah auch sehr gut aus, seine Vorlesungen waren immer voll. Und die politische Auseinandersetzung war auch ein Mittel im Kampf um Isot. Das fand ich gerade spannend: das man kaum unterscheiden kann zwischen dem Buhlen um die Frau und dem Buhlen um Ideen. Und Harich war ein Spieler, wie Brecht... 
 

Tilmann Günther (Der Mann mit Hut)

1969 in Halle geboren, lebt in Berlin. Nach dem Besuch der Theaterschule Hans Otto in Leipzig und der Akrobatik in Berlin, hat Günther in Chemnitz, Potsdam und Dresden Theater gespielt und hat Filmrollen, z.B. im „Radetzky Marsch“ (Axel Corti) übernommen. 
 

Paul Herwig (Weckwerth)

1970 geboren, lebt in München. Herwig hat die Hochschule für Musik und Theater in Hannover besucht, und hat in Hannover und am Residenz Theater in München gespielt. Seit 1989 ist er in verschiedenen Rollen im Kino und im Fernsehen aufgetreten. 
 

Claudius Freyer (Palitzsch)

1962 geboren, lebt in Berlin. Nach der Schauspielausbildung am Mozarteum in Salzburg hat Freyer Engagements u.a. am Landestheater in Salzburg, am Theater des Westens Berlin und Staatstheater Saarbrücken gehabt. Er ist in einigen Filmen aufgetreten, zuletzt bei Jean Jaques Annaud („Enemy at the Gate“). 
 
 
 

Der Stab:

Edward Klosinski (Kamera)

1943 geboren, lebt in Warschau. Nach dem Abbruch des Kunststudiums wechselte er zur Filmhochschule in Lodz. Seit den 70er Jahren hat Klosinski mit allen großen polnischen Regisseuren zusammen gearbeitet: Krzysztof Kieslowski („Drei Farben Weiß“, „Dekalog“), Mit Andrzej Wajda („Chronik einiger Liebesunfälle“, „Der Mann aus Eisen“, „Der Mann aus Marmor“, „Das gelobte Land“) Krzysztof Zanussi („Leben für Leben“, „Illumination“). Auch in anderen europäischen Produktionen hat Klosinski die Kamera geführt: in Lars von Triers „Europa“ in Rolf Schübels „Gloomy Sunday“ und Bernhard Wickis „Grünsteinvariante“. 

Edward Klosinski über die Dreharbeiten und den Film

Mich hat die Möglichkeit sehr gereizt, einen ganzen Film in der Natur zu drehen. Der Ort war wunderschön. Nur durch eine andere Kameraeinstellung, eine andere Situation hat man eine ganz andere Landschaft gehabt. Normalerweise hat man nach 2, 3 Tagen von einem Motiv die Nase voll. Die Villa war wie eine Insel. Eine Insel in der DDR, ja, wie die DDR. Jeder hat jeden beobachtet, die ganze Zeit. Ich komme aus Polen, da war die ganze Situation ähnlich: Der Künstler mußte mit dem Staat zurechtkommen. Das war nicht so einfach. Viele haben gedacht: Wenn es die Chance gibt, ein gutes Stück zu machen, und es nicht total gegen meine Gefühle geht, dann kann ich auch mit dem Teufel arbeiten. Bei manchen ging das glatt. Andere sind daran zerbrochen. Es ist kein Zufall, das Brecht in der DDR Zeit als Dramatiker nichts Interessantes mehr geschrieben hat. Aber seine „Buckower Elegien“ sind wunderschön. Durch den Film habe ich meine puristische Haltung auch etwas aufgegeben. Früher habe ich Brecht viele Vorwürfe gemacht, politisch und künstlerisch. Bei den Dreharbeiten, wo wir auch sehr viel über ihn gesprochen haben, habe ich plötzlich gemerkt: So einfach war das doch nicht. Was seine Beziehung zu den Frauen angeht: Das war auch eine Art von Flucht. Er hat Angst gehabt. Und er brauchte Zärtlichkeit. Eigentlich war er wie ein kleines Kind. Er hat sich eine ideale Frau vorgestellt und jede seiner Frauen hat ein Stück dazu geliefert. Zusammen waren sie eine, wunderschöne, ideale Frau. Die größte Herausforderung für mich als Kameramann war die Zeit: Ein einziger Tag. Wie kann man vermitteln, das Zeit vergeht? Die Stimmung ist da ganz zentral. Man spürt, wie die Sonne wandert. Mit den Darstellern hat die Chemie vom ersten Moment an gestimmt. Nie habe ich das Gefühl gehabt, ich bin fremd, bin mit meiner Kamera zu penetrant. Dabei sind da ganz intime Szenen dabei. Vor allem der Sepp Bierbichler war ein exzellenter Partner. Zuerst dachte ich: Der sieht Brecht doch gar nicht ähnlich. Jetzt hat Brecht für mich das Gesicht von Sepp Bierbichler. 
 
 

Produktion

Novoskop Film Produktion arbeitet seit 1984 und hat alle Filme Jan Schüttes produziert. ABSCHIED wurde von Gesche Carstens und der polnischen Firma Film Contract hergestellt. Gesche Carstens hat seit 1980 Aufnahmeleitung, Casting, Produktionsleitung und Regieassistenz bei zahlreichen Filmen übernommen. 
Mit Jan Schütte hat sie bei „Winkelmanns Reisen“, „Auf Wiedersehen Amerika „ und „Fette Welt“ gearbeitet. Seit  1996 hat sie ihre eigene Serviceproduktion in Buenos Aires für Produktionen in Argentinien, Chile und Uruguay. 

Film Contract Warschau wurde 1989 gegründet. Die Firma Spielfilme, Dokumentationen und Werbung. Ihr Präsident, Henryk Romanowski, hat Jura an der Universität Warschau studiert und die Filmhochschule in Lodz besucht. 
 

Katharina Wöppermann (Ausstattung)

Geboren 1962 in Wien, lebt mit ihrer Familie bei Köln und in Wien. Nach der Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in Wien zur Bühnenbildnerin, begann Katharina Wöppermann 1993 als Freie Ausstatterin zu arbeiten und hat neben Filmen von Nico Hofmann, Nicolaus Leytner, Hermine Huntgeburth u.a. . bei allen Filmen von Jan Schütte die Ausstattung gemacht. 

Katharina Wöppermann über die Ausstattung

Wir haben alles nachgebaut in Polen. Die polnische Crew Baufirma hat phantastisch gearbeitet. Dadurch, dass das Haus in Buckow früher das Atelier eines Bildhauers war, war die Höhe gigantisch: 6m hoch! Die Küche und die Bibliothek haben wir dann etwas größer gebaut, aber die Proportionen stimmen genau. Brechts Wohnung in der Chausseestraße in Berlin hat mich sehr inspiriert. Es gibt in der Wohnung in Berlin auch extrem viele Sitzgelegenheiten, die oft sehr niedrig sind. Bei Brecht hängen Arbeit und Leben ja immer zusammen. Seine extreme Genauigkeit bei der Auswahl der Möbel und Objekte, das große Stilbewußtsein, das hat mir imponiert. Wie das Ganze möbliert ist, so spartanisch und schlicht, das hat was sehr modernes. Da kommt auch das protestantische durch. Die Einrichtung hat auch viel mit der Ästhetik seiner Bühnenbilder zu tun. Da ist viel Strenge drin und Klarheit. Brecht hat irrsinnigen Wert auf Qualität gelegt,. Seine blaue Wolljacke z. B. ist sehr schlicht, aber der Stoff ist vom Feinsten. 
 
 

Renate Merck (Schnitt)

Geboren 1951 in Hamburg, lebt im Odenwald. Nach dem Studium der Ethnologie und Germanistik 1979 Zusammentreffen mit Elfi Mikesch und Helmut Herbst. Erste Begegnung mit dem Schneidetisch und Zusammenarbeit mit Elfi Mikesch an „Was machen wir ohne Tod“. Seitdem hat Renate Merck als freie Cutterin zahlreiche Dokumentar-, Spiel- und Experimentalfilme geschnitten, „Eine deutsche Revolution“ und „Die Serpentinentänzerin“ von Helmut Herbst, „Verführung: Die grausame Frau“ von Elfi Mikesch und Monica Treut, „40 qm Deutschland“, „Abschied vom falschen Paradies“ von Tevfik Baser, „Die Jungfrauenmaschine“ von Monika Treut, „Der zynische Körper“ von Heinz Emingholz, „Im Kreis der Lieben“, „Ein falscher Schritt“, „Das Trio“ von Hermine Huntgeburth. Für Jan Schütte hat Renate Merck alle Spielfilme und Filmessays geschnitten. 
 

Renate Merck über den Schnitt

Die Figurenkonstellation hat mich sehr gereizt: Wie unterschiedlich die Figuren mit ihren Leidenschaften umgehen und miteinander. Die Zwistigkeiten und trotzdem das Verbündetsein – gerade unter den Frauen gibt es da einen inneren Zusammenhalt, trotz all der Wunden, die da immer aufgerissen werden, die haben sich ja freiwillig in die Abhängigkeit begeben. Bei aller Trauer – gerade die Berlau hat ja eine Stärke, die die anderen nicht haben. 
Die Szene am Mittagstisch war die größte Herausforderung für mich. Ich habe das erst im Kopf zusammengebaut: Wie ist dieser Reigen zu schließen, mit all den Figuren. Es reden ja vor allem zwei, aber die anderen dürfen nicht einfach nur als stummer Zwischenschnitt dazwischen sitzen. 
Der Film baut nicht auf Harmonie auf, die Geschichte ist ja nicht harmonisch. Wir haben versucht, kleine Störungen einzubauen: Wir wollten die Irritation der Figuren verstärken. 
 

John Cale (Musik)

1942 in Wales geboren, lebt in NY. John Cale galt als Wunderkind: Als 8jähriger spielte er Klavier bei der BBC. Nach dem Studium der Musikwissenschaften in London, ging er in die USA; und begann Musik zu komponieren, die als „zu destruktiv“ galt, um gespielt zu werden. John Cale arbeitete mit John Cage zusammen und gründete mit Lou Reed die legendäre Band „Velvet Underground“. Er brachte Solo-Alben heraus, schrieb Musik für Nico und für verschiedene Filme: Jonathan Demmes „Something Wild“ und für Alex Cox „Sid and Nancy“, für Mary Harrons „I Shot Andy Warhol“ und „American Psycho“, sowie Julian Schnabels „Basquiat“. Mit Brian Eno produzierte er u.a. „Songs for Drella“. Von verschiedenen seiner Konzerte machte er Live-Aufnahmen, im Studio produzierte er „Walking on Locusts“. 
 
 

Joachim von Mengershausen (federführender Redakteur) über die Produktion:

Zusammen mit Jan Schütte entwickelte Klaus Pohl ein neues Konzept . Nicht eine chronologisch angelegte Erzählung, vielmehr sollten die Highlights dieses Lebens, die angenehmen wie die peinigenden, Struktur und Duktus der filmischen Erzählung bestimmen. 
Klaus Pohl schrieb hinreißend schöne Bücher. Selten hatte ich das Glück, solche Bücher für eine Produktion in die Hand zu bekommen. Dennoch entwickelte sich der Prozess der Finanzierung ausgesprochen schwierig. Die ARD sah sich außerstande, das ganze Geld aufzubringen, das für das aufwendige Unternehmen nötig gewesen wäre. Die angesprochenen Förderinstitutionen verhielten sich zurückhaltend. Da fielen Schütte, Pohl und ich öfters in verzweiflungsvolle Zustände. 
Heute ist es für mich wieder ganz selbstverständlich, dass mein geheimer Wunsch, ABSCHIED möge auf den Filmfestspielen, die ich wirklich liebe, nämlich die in Cannes, seine erste öffentliche Aufführung erfahren, in Erfüllung zu gehen scheint. 
Nicht nur die Zuschauer müssen im Film ihre geheimen Wünsche erfüllt bekommen, auch die, die diese Wunscherfüllungsmaschine Film herstellen und in Betrieb setzen. 
 
 

Die Figuren:

1898 Eugen Berthold Friedrich Brecht wird am 10. Februar in Augsburg als Sohn eines Kaufmanns geboren. 1917 Beginn des Studium an der Philosophischen Fakultät in München. 
1919 Geburt des Sohnes Frank, die Mutter ist Paula Banholzer 
1922 Aufführung von "Trommeln in der Nacht" in München und Berlin. Brecht heiratet Marianne Zoff, begegnet Helene Weigel zum ersten Mal. 
1923 Geburt der Tochter Hanne 
1924 Übersiedlung nach Berlin. Geburt von Stefan, des Sohnes von Brecht und Helene Weigel 
1927 Scheidung von Marianne Brecht 
1928 Überarbeitung der "Beggar's opera", die Elisabeth Hauptmann aus dem Englischen übersetzt hat, zur "Dreigroschenoper", die am Theater am Schiffbauerdamm mit großem Erfolg uraufgeführt wird 
1929 Heirat mit Helene Weigel. Carola Neher erklärt er kurz darauf: "Es war unvermeidlich, aber es hat nichts zu bedeuten." 
1930 Geburt der Tochter Barbara 
1932 Uraufführung der "Mutter" mit Helene Weigel in der Hauptrolle 
1933 Brecht verläßt Deutschland mit der Familie, läßt sich in Dänemark nieder 
1937 Uraufführung des Einakters "Die Gewehre der Frau Carrar" in Paris mit Helene Weigel in der Hauptrolle. Ruth Berlau inszeniert das Stück unter Mitarbeit von Weigel und Brecht in Kopenhagen. 
1941 Übersiedlung nach Kalifornien in die USA 
1943 Brecht schreibt "Schweyk im Zweiten Weltkrieg", "Leben des Gaililei" wird in Zürich uraufgeführt. Sohn Frank fällt als Soldat an der Ostfront 
1947 Aufführung des "Galilei" mit Charles Laughton in Beverly Hills. Vorladung vor das Komittee für unamerikanische Tätigkeiten in Washington. Brecht verläßt die USA 
1948 Aufführung der "Antigone des Sophokles" mit Helene Weigel in Chur, der er zum erstenmal seit zehn Jahren wieder etwas widmet. 
1949 Premiere von "Mutter Courage und ihre Kinder" mit Helene Weigel am Deutschen Theater in Berlin. Rückkehr nach Berlin mit der Tochter Barbara. Brecht und Weigel bauen nach einem Beschluss des Politbüros der SED das Berliner Ensemble auf, Brecht als künstlerischer Leiter, Weigel als Intendantin. Das künstlerische Programm des Theaters hat Brecht so beschrieben: "1. die gesellschaft als veränderbar darstellen. 2. die menschliche natur als veränderbar darstellen. 3. die menschliche natur als abhängig von der klassenzugehörigkeit darstellen. 4. konflikte als gesellschaftliche konflikte darzustellen. 5. charaktere mit echten widersprüchen darzustellen. 6. entwicklung von charakteren, zuständen und ereignissen als diskontinuierlich (sprunghaft) darzustellen. 7. die dialektische betrachtungsweise zum vergnügen zu machen. 8. die errungenschaften der klassik im dialektischen Sinne aufzuheben. 9. aus realismus und poesie eine Einheit herzustellen." In sein Tagebuch notiert er: "Ich liebe. Ich mache die geliebte Person produktiv." 
1951 Brecht inszeniert am BE "Die Mutter". Er wird mit dem Nationalpreis 1. Klasse ausgezeichnet. Die Oper "Die Verurteilung des Lukullus" von Brecht und Paul Dessau wird aufgeführt, wegen Formalismus abgesetzt, überarbeitet und wieder aufgeführt. Ulbricht setzt im Politbüro des ZK der SED durch, dass ein verlässlicher Genosse "mit Brecht eine ständige politische Arbeit durchzuführen" hat. 
1952 Brecht und Weigel mieten Haus und Grundstück in Buckow am Schermützelsee. 
1953 Brecht wird Präsident des PEN-Zentrums Ost und West. Aufstand am 17. Juni. In sein Arbeitsjournal schreibt er in Buckow: "der 17. juni hat die ganze existenz verfremdet... ihre (der arbeiter) losungen sind verworren und kraftlos,, eingeschleust durch den klassenfeind, und es zeigt sich keinerlei kraft der organisation... die partei hatte zu erschrecken, aber sie brauchte nicht zu verzweifeln, nach der ganzen geschichtlichen entwicklung konnte sie sowieso nicht auf die zustimmung der arbeiterklasse hoffen. es gab aufgaben, die sie unter umständen, unter den gegebenen umständen, ohne zustimmung, ja gegen den widerstand der arbeiter durchführen musste." Vier Tage nach dem Aufstand veröffentlicht das "Neue Deutschland" den letzten Satz aus einem Brief Brechts an Walter Ulbricht, den Generalsekretär des Zentralkomittees der SED: "Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen in diesem Augenblick meine Verbundenheit mit der Sozialistischen Arbeiterpartei auszudrücken." 
 

Im Sommer in Buckow schreibt er an "Turandot" und verfaßt die "Buckower Elegien", die erst 1957 erstmals veröffentlicht werden. Brecht und Weigel ziehen von Berlin-Weißensee in die Chausseestraße 
1954 Johannes R. Becher beruft Brecht in den Künstlerischen Beirat des Kulturministeriums. Das BE zieht ins Theater am Schiffbauerdamm. Brecht wird Vizepräsident der Akademie der Künste. Verleihung des Stalin-Preises für "Frieden und Verständigung zwischen den Völkern". Das Preisgeld legt er in Franken auf einem Schweizer Konto an. Entwürfe für das Stück "Leben des Einstein". 
Großer Erfolg der Pariser Aufführung von "Der kaukasische Kreidekreis" Bei der Premiere im BE hatte das Neue Deutschland keine Rezension gebracht. 
1956 Im Januar besucht Brecht in Rostock die Proben zu "Der gute Mensch von Sezuan", mit Käthe Reichel unter der Regie von Benno Besson. Im Februar reist er mit Elisabeth Hauptmann zur Premiere der "Dreigroschenoper" in Mailand, unter der Regie von Strehler. Monatelang ist er krank und schwach, Klinikaufenthalte bringen keine Besserung. Mit Weckwerth und Palitzsch bespricht er "in bester Laune uns daher immer wieder abschweifend" die Aufführung des Stücks "Die Tage der Kommune" in Karl-Marx-Stadt, überarbeitet den Text. (Das Stück wird nach seinem Tod aufgeführt und bald darauf wieder abgesetzt.) 
10. August Brecht zum letzten Mal bei der Probe am BE. 
Am 14. August,  dem Tag, an dem er eigentlich zur Kur nach München fahren sollte, stirbt er an den Folgen eines Herzinfarkts. 
Kurz zuvor hat er einem alten Freund eine letzte Verfügung diktiert. Danach soll Helene Weigel alleinige Erbin bleiben, mit einigen Ausnahmen: Tochter Barbara soll den Turm in Buckow bekommen. Käthe Reichel das Haus, unter der Voraussetzung, dass sie, wie zugesagt, am BE ihre Rolle in "Der gute Mensch von Sezuan" spielt. Isot Killian und ihre Kinder sollen die Einnahmen aus seinen Songs bekommen. Ruth Berlau erhält 50 000 dänische Kronen, unter der Bedingung, dass sie sich ein Haus kauft, das nach ihrem Tod die Weigel erbt. Diese wiederum bittet er, "das BE weiterzuführen, und zwar solange, wie sie glaubt, den Stil halten zu können". Elisabeth Hauptmann kommt in dieser Verfügung nicht vor. Helene Weigel läßt Ruth Berlau kurz aus dem Krankenhaus holen, damit sie den Toten noch einmal sehen kann. 
Am 17. August wird er im kleinen Kreise auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, neben seiner Wohnung, beerdigt. 
Am 18. August Staatsakt im BE mit Johannes R. Becher, Georg Lukacs und Walter Ulbricht. 
 

Helene Weigel (1900-1971)

geboren 1900 in Wien, gestorben 1971 in Berlin, beginnt ihre Laufbahn als Schauspielerin in Frankfurt am Main, kommt 1922 nach Berlin ans Deutsche Theater zu Jessner und Max Reinhardt, wo sie sich bald einen Namen als Charakterdarstellerin macht. "So wie ich aussah und so wie ich angefangen hatte, ging das alles ins Charakterfach. Und vom Charakterfach ins Mütterfach zu kommen, ist fast kein Weg im Theater." 
Als Ehefrau im Exil ebenso wie als Leiterin des BE war sie, so ein Zeitgenosse, bekannt für ihre Sparsamkeit und praktische Mütterlichkeit, ihre Freundlichkeit und Strenge, ihr Organisationstalent, ihren Eigensinn und ihre Zähigkeit. Im Exil hat sie kaum Gelegenheit, als Schauspielerin aufzutreten, führt den Haushalt, erzieht die Kinder, sorgt dafür, dass Brecht in Ruhe arbeiten kann. Als sie einmal, lange nach Brechts Tod, gefragt wird, was ihr Beitrag zu seinem literarischen Werk sei, hat sie lachend geantwortet: "Ich habe halt gut gekocht." 
Gelegentlich deutete Brecht seine Absicht an, sich von ihr zu trennen. Sie will sich 1953 scheiden lassen, tut es dann aber doch nicht. 
Nach Brechts Tod ließ sie sein Testament erfolgreich anfechten. 
Helene Weigel wurde mehrfach mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. 
 

Ruth Berlau (1906-1974)

Mit (zum Teil erfundenen) Reportagen über Radreisen nach Paris und Moskau erregt die Dänin erstmals Aufsehen. Bekannte Schauspielerin am Königlichen Theater in Kopenhagen, gründete sie das erste dänische Arbeitertheater, übersetzte Stücke von Brecht wie "Die Mutter" und "Die Gewehre der Frau Carrar" und spielte die Anna in "Trommeln der Nacht", in der ersten dänischen Brecht-Aufführung. Brecht selbst ist sie 1935 zum ersten Mal begegnet. Zu dieser Zeit ist sie verheiratet mit einem bekannten und wohlhabenden Medizin-Professor, ist Stiefmutter seiner vier Kindern, und Mitglied der Kommunistischen Partei. Nicht lange danach verläßt sie ihre Familie, kümmert sich um Brechts Gäste, seine Reisen, seine Visa, gab seine "Svendborger Gedichte" heraus, inszenierte mit ihm zusammen am Arbeitertheater "Die Gewehre der Frau Carrar" mit Helene Weigel. Sie folgt ihm ins schwedische und finnische Exil und schließlich in die USA. ("Denn von jetzt ab warte ich auf dich, wohin auch immer ich komme, und ich rechne immer mit dir.") Sie hat an mehreren seiner Stücke mitgearbeitet ("Der gute Mensch von Sezuan", "Der kaukasische Kreidekreis", "Die Tage der Commune"), hat seine Theaterarbeit in Modellbüchern dokumentiert. Während Brechts amerikanischem Exil lebt sie in New York, wo er immer wieder bei ihr wohnt, und wo sie am "Schwejk" arbeiten. Auf ihre Befürchtung, zu abhängig von ihm, zu unselbständig zu werden, schreibt er die Geschichte von "Lai-tus Wert": "Lai-tu dachte gering von sich, weil sie kein großes Werk hervorgebracht hatte (...) Me-ti sagte ihr: Es ist richtig, du hast noch keine Ware geliefert. Aber das bedeutet nicht, dass du keine Leistung geliefert hast. Deine Güte wird festgestellt und gewürdigt, indem sie in Anspruch genommen wird. So erwirbt der Apfel seinen Ruhm, indem er gegessen wird." Seine Briefe an ihn hat sie oft mit "Deine Kreatur" unterzeichnet. Sie bekommt 1944 einen Sohn von Brecht, der kurz nach der Geburt stirbt. In sein Journal schreibt er die Summe, die er für die Einäscherung und die Urne bezahlt hat: 40 Dollar. 
In Berlin, nach der Rückkehr aus dem Exil, lockert sich die Beziehung. In Buckow, wo sie im Turm wohnt, fängt die Berlau an zu trinken, zu keifen, die Menschen zu verschrecken. Zwischendurch Aufenthalte in der geschlossenen Abteilung der Charitee. Nachdem sie Passanten auf der Straße mit Steinen beworfen hat, kommt sie im August 1955 ins Krankenhaus. In Berlin stritt sich oft mit der Weigel. Nach Brechts Tod wird ihr Arbeitsvertrag am BE gekündigt. 
Am Abend bevor sie in ein Heim für Verfolgte des Naziregimes gebracht werden soll, schläft sie mit einer Zigarette ein und erstickt. Beerdigt wurde sie, wie Brecht, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof. 
 

Käthe Reichel

1926 in Berlin geboren, kam sie mit 24 Jahren zu Brecht. Ihre erste Rolle im BE war das Dienstmädchen in der "Mutter". Unter der Regie von Benno Besson spielt sie 1956 in "Der gute Mensch von Sezuan", das Brecht der Weigel gewidmet hatte". Käthe Reichel lebt noch heute in Berlin, wo sie auch am Deutschen Theater gespielt hat. 
 

Isot Kilian (1924-1986) 

Sie war von Anfang an am BE dabei, wo sie als Schauspielerin, Mitarbeiterin der Regie und Dramaturgie arbeitete. Hatte am BE verschiedene Aufgaben, übernahm zum Beispiel die Organisation von Matineen. 
 

Wolfgang Harich (1923-1995) 

Der Philosoph war während des Krieges im kommunistischen Widerstand, trat 1945 der KPD bei, studierte Philosophie und Literaturwissenschaften an der Humboldt-Universität, an der er später auch lehrte. Er arbeitete als Theaterkritiker, war Lektor beim Aufbau-Verlag. Mit einer Gruppe oppositioneller marxistischer Intellektueller und Philosophen versuchte er, eine Gegenregierung zu bilden. Weigel nahm gelegentlich an den Sitzungen teil. Ulbricht war für ihn der Orthodoxeste Anhänger Stalins im Osten. 1954 fordert Brecht ihn auf, seine Frau für ihn freizugeben. Lassen Sie sich jetzt von ihr scheiden und heiraten Sie sie in ungefähr zwei Jahren noch einmal." 1956, kurz nach dem Ungarn-Aufstand, wird er verhaftet. 1957 verurteilt ihn der Oberste Gerichtshof der DDR wegen "Bildung einer konspirativen, staatsfeindlichen Gruppe" zu zehn Jahren Zuchthaus, in Berlin und Bautzen. Nach seiner Entlassung ist er als Wissenschaftler vor allem für den Akademie-Verlag tätig. Seit den 70er Jahren widmet er sich der Ökologie. Im März 1990 rehabilitiert ihn das Oberste Gericht der DDR. Ein Kritiker der Wiedervereinigung, wurde er 1994 Mitglied der PDS. 1965-1974 war er mit Gisela May verheiratet. 
 

Elisabeth Hauptmann (1897-1973)

Zwischen 1923 und 1933 ist sie, die Mitglied der KPD war, an fast allen Produktionen Brechts beteiligt: "Mann ist Mann", "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny", "Die heilige Johanna der Schlachthöfe". "Sie ist einer der verläßlichsten und tüchtigsten Menschen, die ich kenne", schreibt Brecht über sie. Nach seiner Hochzeit mit Helene Weigel unternimmt sie aus Enttäuschung einen Selbstmordversuch. Nach Brechts Emigration hat sie seine Wohnung aufgelöst, und ist dann selbst nach Amerika ins Exil gegangen, wo sie als Lehrerin arbeitete und sich im Kampf gegen den Faschismus engagierte. Nach dem Krieg holte Brecht sie ans BE, wo sie bis zu ihrem Tod, 1973, blieb. Sie war mehrmals verheiratet, u.a. mit Paul Dessau. 
In Berlin hat sie Brechts Veröffentlichungen als Redakteurin betreut und war Verwalterin seines literarischen Nachlasses. 
 

Peter Palitzsch

1918 geboren. Nach dem Krieg Dramaturg an der Volksbühne in Dresden. 1948 holte ihn Brecht an das Berliner Ensemble. Zusammen mit Manfred Weckwerth führte er Regie bei einigen legendären Inszenierungen, darunter "Der unaufhaltsame Aufstieg von Arturo Ui" (1959). Nach Brechts Tod ging er in die Bundesrepublik, wo Brechts Werke und Methode weiterhin im Mittelpunkt seiner Arbeit stand. Nach dem Bau der Mauer erklärte er, nicht in die DDR zurückkehren zu wollen. 1967 wurde Palitzsch Schauspieldirektor in Stuttgart, 1972 ging er an die Städtischen Bühnen Frankfurt. Nach dem Fall der Mauer 1992 wurde er zusammen mit Matthias Langhoff, Fritz Marquart, Heiner Müller und Peter Zadek in das fünfköpfige Leitungssteam des Berliner Ensembles berufen   für Palitzsch "die Rückkehr zum Ausgangspunkt". 
 

Manfred Weckwerth

1929 geboren, wurde nach dem Krieg "Neulehrer" in der DDR und schloss sich einer antifaschistischen Laienspielgruppe an, deren Inszenierung von Brechts "Die Gewehre der Frau Carrar" von 1951 so erfolgreich war, dass sie von Brecht nach Berlin eingeladen wurde, wo Weckwerth blieb, als Schüler und Regieassistent Brechts. Helene Weigel berief Weckwerth, der 1952 der SED beigetreten war, nach Brechts Tod an die Spitze des Regiekollektivs am BE. Nach Differenzen mit der Weigel wechselte er 1970 als Regisseur zum Deutschen Theater, um 1977 schließlich als Nachfolger von Ruth Berghaus Intendant am BE zu werden. 1991 wurde der Vertrag von Weckwerth, der als staats- und Brecht-treu galt und von 1982 bis 1990 Präsident der Akademie der Künste 1990 war, aufgelöst. 
 

Der Ort: Buckow

Eine Stunde östlich von Berlin, in der märkischen Schweiz, finden Brecht und Weigel auf der Suche nach einem Landhaus "auf schönem grundstück am wasser des schermützelsees unter alten großen bäumen ein altes, nicht unedel gebautes häuschen mit einem anderen, geräumigeren, aber ebenfalls einfachem haus daneben," wie Brecht am 14. Februar 1952 in sein Arbeitsjournal notiert. Im Gartenhäuschen arbeitet er, in der "Eisernen Villa", in der zuvor ein Bildhauer sein hohes Atelier hatte, mit großer Fensterfront zum See (die mit Scherengittern geschützt waren, daher der Name), werden an der langen Tafel Gäste empfangen. Hier fühlt er sich an die Zeit des Exils in Skandinavien erinnert, liest Horaz, blickt aus dem Fenster auf Gras und Tannen und wilde Rosenstöcke , hier findet er, wie er 1954 in einem seiner Gedichte schreibt, "Vergnügungen". 

Nach Brechts Tod hat Helene Weigel den größten Teil ihrer Freizeit in Buckow verbracht und mit Leidenschaft Pilze gesammelt. Seit 1977 ist das Atelier-Haus, umgeben von Wiese, Frühlingsblumen, Birken und See, Museum und Begegnungsstätte. Barbara Brecht-Schall und Käthe Reichel wohnen nebenan. 
 
 
 
 
 
 
 

 
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Zuletzt geändert am: 11.06.99